Ein paar Tipps für Tierheimhundbesitzer…

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben sich für einen Hund aus dem Tierheim entschieden und freuen sich nun auf eine hoffentlich lange, glückliche Zeit mit ihm? Es ist möglich, dass vom ersten Tag an alles glatt verläuft und Sie über diese Ausführungen nur lächeln können – das wäre schön! Aber vielleicht gibt es auch Probleme und dann sind Sie froh über ein paar wirklich gut gemeinte Ratschläge:

  1. Ein Tierheimhund ist nicht einfach nur ein Hund, sondern einer mit Vergangenheit. Da wir seine, leider oft negativen, Erlebnisse nicht kennen, müssen wir a) vorsichtig sein und b) Verständnis und Geduld haben.
  2. Ein Hund gibt sich im Tierheim meist nicht so, wie er in Wirklichkeit ist. Erst nachdem Sie ihn Tage, Wochen oder sogar Monate zu Hause hatten, werden Sie sein „wahres Ich“ kennen. Also: Vertrauen Sie Ihrem neuen Hund nie zu früh. Selbst wenn z.B. Radfahrer in den ersten Tagen kein Problem waren, kann durch ein plötzliches Erinnern (vielleicht bestimmte Geräusche, Handbewegungen) der Hund unerwartet wieder Angst oder Aggression zeigen. Beobachten Sie Ihren Hund in der ersten Zeit sehr genau!
    Lassen Sie deshalb zunächst den Hund niemals von der Leine! Kaufen Sie sich außer der kurzen Lederleine auch eine 5 bis 10m lange Baumwolleine (handfreundlich) mit einem stabilen Haken. Wenn Sie auf freien Feldwegen sind, gewähren Sie Ihrem Hund diesen 10m Radius. Zieht er an der Leine, geht es nicht weiter. Bleiben Sie stur stehen und gehen Sie nur weiter, wenn der Hund nicht zieht. Wechseln Sie öfter die Richtung und beschäftigen Sie sich mit ihrem Hund! Es kommt nicht darauf an, wie weit Sie spazieren, sondern ob die paar gelaufenen Meter Erfolge gebracht haben! Ist der Hund zu groß und schwer für Sie, binden Sie die lange Leine an einen Pfahl und üben sie mit Ihrem Hund zunächst so (Futter/Ballspiele, Fuß, Sitz, Platz, Hier…)
  3. Warum überhaupt Erziehung?
    1. Für den Hund: Ein Hund, der keinen „Boss“ hat, ist todunglücklich.
    2. Für den Besitzer: Es muss ein Team zwischen Herr und Hund entstehen, sonst kommt es zu Missverständnissen und dadurch zuweilen zu großen Schwierigkeiten.
    3. Für die Umwelt: Ein unerzogener Hund wird zur Gefahr. Es liefen schon Hunde auf die Straße, die einen Unfall mit Todesfolge auslösten, aber auch ein Anspringen von Passanten oder ein Jagen der Nachbarskatze muss ja nicht sein.
  4. Täglich üben. Am besten vier- bis fünfmal für jeweils fünf Minuten (dann lässt die Konzentration des Hundes nach).
  5. Jedes Kommando wieder aufheben. Entweder durch ein anderes oder durch „Lauf!“ (bedeutet Freizeit). Sie beginnen jede Übung und Sie beenden Sie auch!
  6. Was sollte der Hund können? Ideal wäre: Fuß, Sitz, Platz, Hier, Nein, Aus, Lauf. Die verwendeten Kommandowörter sind nur ein Beispiel. Sie können auch Down, Komm oder Helmut sagen! Aber wenn sie eins gewählt haben, bleiben Sie und die gesamte Familie dabei.
  7. „Nein!“ gilt a) als Korrekturwort, z.B. wenn ich sage „Sitz“, der Hund steht wieder auf, „Nein, Sitz!“ Der Hund muss wissen, dass sein Verhalten nicht in Ordnung war, und Sie lernen, nicht alles dreimal zu sagen. b) als absolutes Verbot, z.B. sollte der Hund draußen nichts fressen (Vergiftungsgefahr!). Sie bemerken, dass der Hund etwas fressen will, dann heißt es schnell „Nein! Hier!“. Sie können einen Hund nur bei frischer Tat bestrafen, sonst versteht er Sie nicht. Läuft Ihr Hund beispielsweise weg, kommt zurück und wird dann von Ihnen ausgeschimpft, versteht er das als Strafe für das Zurückkommen (die Folge: Er kommt demnächst gar nicht mehr.)
  8. „Aus!“ ist ganz wichtig! In der Natur muss der Hund sein Futter verteidigen, uns soll er es aber geben (Ball, Stock ist auch Beute!) Also: „Aus!“ langsam antrainieren! Machen Sie Tauschgeschäfte mit Ihrem Hund. Er hat den Ball und Hunger, Sie haben ein Stück Wurst und sagen „Aus!“. Lässt der Hund den Ball los, loben und die Wurst geben!
  9. Bei „Hier!“ oder „Komm!“ muss der Hund immer kommen. Klappt das beim freilaufenden Hund nicht, mit Leine üben! Einmal rufen, niemals mehr! Sollte der Hund nicht kommen, Leine einziehen, „Hier!“ wiederholen und loben (Futter als Reiz in der Hand halten!).
  10. Futter – eine unschätzbare Hilfe. Für positives Verhalten müssen wir unseren Hund loben. Leider stimmt am Anfang dabei meist unsere Stimmlage, Gestik und Mimik noch nicht. Futter ist immer positiv für den Hund. Also nehmen wir es als Verstärker und trainieren gleichzeitig uns, indem wir den richtigen Ton für das „Brav, Bello!“ üben. Beginnen Sie mit Sitz- und Platzübungen. Nehmen Sie Futter in die Hand, halten diese geschickt, dass der Hund sich setzt und sagen gleichzeitig „Sitz!“ Nicht aufgeben! Sitzt der Hund, sofort loben und Futter geben.
  11. Futterspiele sind leicht zu erlernen und machen dem Hund dabei so viel Spaß, weil er stets sämtliche Sinne und Muskeln einsetzen kann. Gehen Sie folgendermaßen vor: Sie stehen in der Mitte, die Hand voll Futter, den Hund vor sich an der langen Leine in Sitz. Werfen Sie einen Futterbrocken rechts von sich und sagen „Such!“ Hat der Hund das Futter, sofort den Hund rufen und einen Brocken nach links werfen usw. Später werden die Entfernungen immer größer und Sie können Ihre Position verändern, um das Spiel spannender zu gestalten. Bauen Sie sämtliche Kommandos, die der Hund kann, mit ein. Sitz, Platz, 5 Schritte Fuß, dann wieder Such und werfen. Futterspiele dienen der Entspannung und Ablenkung und der Teambildung zwischen Ihnen und Ihrem Hund.
  12. Viele Hunde machen nur deshalb Unsinn, weil sie sich langweilen. Nur Spazierengehen reicht bei vielen Hunden nicht aus. Manche laufen zwei Stunden neben dem Fahrrad und werden trotzdem nicht müde. Bewegung reicht nicht – die geistige Beschäftigung darf nie fehlen! 15 Minuten Futter- oder Ballspiele mit Üben ersetzen 3 Stunden Spaziergang! Bedenken Sie, dass eine gute Beziehung zum Hund nicht vom Himmel fällt. Sie haben keinen Benji oder eine Lassie erworben, sondern ein Lebewesen, was ihre Zuneigung und Aufmerksamkeit braucht. Schon mal was von Schmusen, Spielen und Massage gehört? Hunde lieben das auch!
  13. Ignorieren oder Ablenken müssen Sie Ihren Hund, wenn er Angst hat. Niemals in die Arme nehmen, niemals bedauern oder trösten, das versteht der Hund nicht, es verschlimmert die Sache bloß! Wenn Sie im Vorfeld schon wissen, dass jetzt gleich eine schwierige Situation kommt, nehmen Sie statt dessen Futter, machen Futterspiele und bringen damit Bewegung in die Situation. Das lenkt den Hund ab. Wenn der Hund seinen Ball, Kong oder Strick besonders liebt, können Sie natürlich auch den nehmen und werfen. Vergessen Sie das Loben und Anfeuern nicht! Knallt es überrascht irgendwo und ihr Hund zuckt zusammen, gehen Sie einfach normal weiter, als wenn nichts wäre. Wenn Sie sich keine Gedanken machen, macht ihr Hund sich vielleicht auch keine…
  14. Einen aggressiven Hund niemals zu beruhigen versuchen! Das „Schön lieb sein!“ bringt gar nichts! Streicheln Sie Ihren Hund dabei vielleicht noch, loben Sie ihn sogar dafür, dass er sich daneben benimmt! Statt dessen müssen Sie Ihren Hund gehörig die Meinung sagen: „Donnerwetter, Nein!“ Nicht unnötig laut dabei werden, aber die Stimme scharf werden lassen! Letztendlich kommt es hier sehr auf die Gründe des Hundeverhaltens an, also fragen Sie lieber einen Fachmann, der sich die Sache vor Ort angucken kann.
  15. Fixieren sich zwei Hunde (d.h. sie starren sich gegenseitig an) – Aufpassen! Rufen Sie Ihren Hund rechtzeitig ab, bevor er los geht! Manchmal haben Sie dazu nur eine Sekunde Zeit!
  16. Seien Sie vorsichtig mit fremden Hunden. Rüde und Hündin müssen sich nicht unbedingt verstehen! Genauso wenig haben Welpen immer Narrenfreiheit. Wir selektieren unsere Hunde, wir auf- und erziehen sie. Wir machen so viele Fehler in der Zucht und Haltung, dass sogar manche Rüden ohne Vorwarnung Welpen beißen!
  17. Ein Hund, der einmal gebissen wurde, hat einen Schock fürs Leben. Also bitte aufpassen und nicht jedem Hundebesitzer, der behauptet, sein Hund sei lieb, uneingeschränkt vertrauen.
  18. Ein Hund ist ein Rudeltier. Bei uns in der Familie muss der Hund in der Rangordnung ganz unten stehen, sonst gibt es Schwierigkeiten. Knurrt Ihr Hund Sie an oder verhindert sogar schon, dass Sie den Raum verlassen u.a. signalisiert das Alarmstufe Rot! Verprügeln Sie den Hund jetzt, so nützt das überhaupt nichts. Im Gegenteil – Sie werden in den Augen Ihres Hundes immer unglaubwürdiger. Benehmen Sie sich wie ein wirklicher Boss und wirken einer solchen Situation entgegen. Ein Boss verhält sich überlegen, ist konsequent und gerecht. Er setzt sich mit Köpfchen durch und sicherlich nicht durch Gewalt.
  19. Ein Hund schläft gerne. Im Haus braucht er unbedingt einen ungestörten Platz, wohin er sich, wenn er mag, zurückziehen kann. Kinder haben dort nichts verloren. Ebenso wenig darf man Kinder mit Hunden allein lassen!
  20. Man bekommt jeden Hund, sofern er nicht genetisch gestört oder krank ist, wieder umerzogen. Es bedeutet viel Arbeit, Zeit, Nerven und Konsequenz, aber in meinen Augen lohnt es sich immer. Ein Hund ist in jedem Alter lernfähig!

Ein Hund ist immer etwas Besonderes und er hat es verdient, dass wir uns die Mühe machen, ihn wie einen Hund zu verstehen. Er kann niemals lernen, wie ein Mensch zu denken, vergessen Sie das bitte nicht.